Man unterscheidet die fünf "Speicherorgane" (Zang) Herz, Leber, Nieren, Milz und Lunge und die sechs "Hohlorgane" (Fu) Dünndarm, Gallenblase, Harnblase, Magen, Dickdarm und den sog. Dreifachen Erwärmer, ein Energieverteilungsorgan ohne anatomisches Korrelat. Außerdem existieren noch sechs "außerordentliche" Yang-Organe Uterus, Gehirn, Knochen, Mark, Gallenblase und Blutgefäße. Diese "außerordentlichen Yang Organe" speichern Yin-Essenz wie die Speicherorgane, sehen aber wie Hohlorgane aus. Der Begriff "Organ" ist in der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) weiter gefasst als in der westlichen Medizin. Er umfasst das anatomische Organ, die "Erscheinung" dieser Organtätigkeit auf der Körperoberfläche und die Funktion dieser Organe (im chinesischen Sinn).
Zu den "Erscheinungen" der Organtätigkeit auf der Körperoberfläche gehören beobachtbare Veränderungen, die auf spezifische Weise Rückschlüsse auf den Zustand des entsprechenden Organs zulassen. Das Herz kontrolliert die Blutgefäße und spiegelt sich im Gesicht wider, die Leber kontrolliert die Sehnen und manifestiert sich in den Nägeln, die Niere kontrolliert die Knochen und manifestiert sich im Kopfhaar, die Milz kontrolliert die Muskeln und manifestiert sich in den Lippen, die Lunge kontrolliert die Haut und manifestiert sich in der Körperbehaarung.
Unter den Organfunktionen werden auch Funktionen genannt, die in der westlichen Medizin so nicht bekannt sind. So ist beispielsweise die Milz nicht nur für den Abbau überalterter Blutzellen verantwortlich, sondern sie hält auch das Blut in den Blutgefäßen. Ein Milz-Qi Mangel führt zu Blutungen wie kleine Hautblutungen, Zahnfleischbluten, kleine Blutbeimengungen in Körpersekreten oder Gebärmutterblutungen. Oder die Leber ist nicht nur ein Blutspeicherorgan, sondern sie reguliert auch den freien, harmonischen Fluß von Qi und Emotionen. Die Leber kontrolliert auch die Sehnen und bei Leber-Dysharmonien können Muskelkrämpfe und Sehnenkontrakturen entstehen.
Das chinesische Denken geschieht (ähnlich der Kybernetik) in Funktionskreisen. Jeder sog. Funktionskreis besteht aus aus einem zugeordneten Speicherorgan und Hohlorgan, mit den zugeordenten chinesischen Organfunktionen, den zugeordneten Meridianen (Energiebahnen), zugeordneten Abschnitten auf der Körperoberfläche (im Meridianverlauf), einer Tageszeit, Jahreszeit, einer zugeordneten Körperschicht und noch vielen weiteren Zuordnungen nach dem sog. Fünf-Elementen-System wie Gefühlen, Geschmacksrichtungen, Sinnesorgane, Farben usw. Bei den, zu den Funktionskreisen zugeordneten Gemütsbewegungen, Geschmackskräften und kosmischen Energien gilt die Grundregel "Verwandtes in mäßiger Stärke unterstützt, im Übermaß wirkt es schädlich".
Man unterscheidet die Funktionskreise Lunge-Dickdarm, Milz-Magen, Herz-Dünndarm, Niere-Blase, Kreislauf-Dreifacher Erwärmer und Leber-Gallenblase.
"Die Niere speichert die Essenz (Jing) und dominiert über Geburt, Wachstum, Fortpflanzung und Entwicklung". Das von der Nierenessenz produzierte Mark füllt das Gehirn auf und wird außerdem in Knochenmark verwandelt. Mark und Knochenmark bringen die Knochen hervor. Bei einer Nieren-Energie-Schwäche können z.B. Erkrankungen der Zähne (lockere und ausfallende Zähne bei Nieren-Yin-Schwäche), der Knochen (Osteoporose, Knochenerweichung), frühzeitiges Grauwerden der Haare, Haarausfall, dünnes und sprödes Haar, Gedächtnisstörungen und Konzentrationsstörungen auftreten. Die Samenflüssigkeit stellt auch Nierenessenz dar. "Wenn man die Essenz weitergibt, entsteht neues Leben, wenn man die Essenz bewahrt, stärkt sie den Körper". Wachstum und Reife sind die Entfaltung der Nierenessenz und der Verfall im Alter reflektiert seine Schwächung. Auch bei bejahrten Menschen bleiben die Knochen und Muskeln stark, wenn Milz und Magen (erworbene Energie) gut funktionieren.
"Die Niere regiert das Wasser". Die Nieren säubern das Blut indem sie "trübe" und überschüssige Flüssigkeiten zur Blase zur weiteren Ausscheidung senden. Aber die Niere empfängt z.B. auch Flüssigkeit (und Qi) von den Lungen und "verdampft" "klare" Flüssigkeit wieder nach oben zur Befeuchtung der Lunge. Das Nieren-Yang unterstützt die Milz bei Transport und Umwandlung des "Wassers und der Nässe". Bei krankhafter "Wasserverstopfung" können Schleimbildungen, Auswurf, Ödeme, Durchfall und ggf. Bauchwassersucht auftreten, bei Störung des Nieren-Yang verminderte Harnmenge (bis Anurie), vermehrte Harnmenge (bis Polyurie), Bettnässen, Harninkontinenz, Harnentleerungsstörungen und Ödeme.
"Die Niere kontrolliert das Empfangen des Qi". Die Nieren helfen den Lungen bei der Aufnahme der Atemenergie. Die Lungen leiten das Qi aus der Atmung nach unten und die Nieren nehmen das Qi auf und "halten es fest". Bei zu schwacher Nierenenergie (Yang) steigt evtl. das Lungen-Qi nach oben und es kommt zu Brustbeklemmung oder sogar zu Asthma.
"Die Niere manifestiert sich im Kopfhaar". Bei starker Nierenessenz ist das Haar stark und gesund. Bei schwacher Nierenessenz wird das Haar grau, dünn und brüchig oder fällt aus.
"Die Niere öffnet sich in den Ohren". Die Ohren sind das, den Nieren zugeordnete Sinnesorgan. Eine nachlassende Nierenenergie kann bei alten Menschen zu Ohrensausen und Schwerhörigkeit führen. "Schwerhörigkeit" kann bei alten Menschen allerdings auch ein Konzentrationsproblem (z.B. bei Herzenergieschwäche) sein. Bei Krankheiten der Ohren können außer dem Nieren-Blasen-Funktionskreis auch Funktionskreise der, das Ohr umlaufenden Meridiane (Gallenblasen-Meridian, Dreifacher-Erwärmer-Meridian, Dünndarm-Meridian) beteiligt sein.
"Die Niere kontrolliert den dickflüssigen Speichel (Tuo)". Der "dünnflüssige" Speichel der Milz (Xian), der "normale" Speichel, hat im Mund (und in den Speicheldrüsen) seinen Ursprung. Der "dickflüssige" Speichel (Tuo) entstammt der Nierenessenz und hat seinen Ursprung in der Gegend der Zungenwurzel und der hinteren Kehle. Er wird bei der Meditation und bei Qi-Gong-Übungen gebildet und ist besonders wertvoll, da er die Nieren "befeuchtet" und die Nierenessenz stärkt.
"Die Niere kontrolliert die beiden unteren Öffnungen". Gemeint sind hier die Öffnungen der Harnröhre, der Samenleiter und der Anus. Eine Nierenenergieschwäche kann deshalb zu Harninkontinenz, Spermatorrhoe, Stuhlinkontinenz oder Diarrhoe führen.
Weitere, dem Nieren-(Blasen)-Funktionskreis zugeordnete Elemente sind die Willenskraft, die allgemeine Widerstandskraft (körperlich, geistig, seelisch), die Angst (72 Stunden nach einem Unfall-Schock Gefahr durch Nierenversagen), die Wandlungsphase "Bewahren und Verbergen", die Jahreszeit Winter, die Tageszeit 15-17 Uhr (Blase, Maximalenergie) und 17-19 Uhr (Niere, Maximalenergie) und jeweils 12 Stunden später die Minimalenergien (der Häufigkeitsgipfel für Herzinfarkte ist 6-10 Uhr, vielleicht unter anderem, weil hier die, den Herz-Dünndarm-Funktionskreis kontrollierende Nierenenergie zuerst eine Minimalzeit 5-7 Uhr, anschließend die Herzbeutelenergie eine Minimalzeit 7-9 Uhr und die Herzenergie gleichzeitig nahe der Fülle ist, Maximalzeit 11-13 Uhr ?), die Farbe schwarz, bzw. dunkelblau (z.B. Gesichtsfarbe, Augenringe, Pupille), die Himmelsrichtung Norden, das Geschmacksaroma salzig (Mundgeschmack oder Essen schmeckt versalzen), der lumbosakrale Bereich (Schmerzen, Kältegefühle) und das Energiezentrum "Mingmen" (Tor der Vitalität, Tor des Lebens, Wurzel allen Yangs).